1. September 2023 I Ausgabe 23

Wenn der Nebel sich lichtet

Katharina Wolf ist Energieberaterin und setzt sich als Leiterin des Projektes Clubtopia direkt für den nachhaltigen Wandel der Clubszene ein.

Wenn der Nebel sich lichtet Hochformat
Foto: David Freudenthal / ressourcenmangel
Die Bässe wummern bis in die Eingeweide. Zu den lauten Rhythmen blitzen Stroboskope, während sich die Laser über den Köpfen der tanzenden Menge immer wieder mit dem Nebel aus der Maschine vermischen. Normalerweise. Doch was KATHARINA WOLF bei ihrem Clubbesuch heute erlebt, ist anders: Leise brummen irgendwo Kühlschränke, ihre Stimme hallt von den hohen Decken wider, Neonröhren summen. Es ist später Vormittag. Katharina Wolf und zwei Teamkolleg:innen sind zur Energieberatung im Festsaal Kreuzberg. Etwa zwei Stunden lang schauen sie sich jede Glühbirne in der Event-Location an, inspizieren jeden Kühlschrank genau wie Heizung, Klimaanlage, Bürotechnik und Abfallentsorgung. Im Anschluss folgt ein Rundgang mit dem Haustechniker, damit erste Tipps gleich bei der richtigen Person landen. „Eine Auswertung mit Status quo und Einsparpotenzialen folgt, wenn uns alle Verbrauchszahlen vorliegen“, erklärt die Energieberaterin.

Seit über zehn Jahren arbeitet Katharina Wolf an der Schnittstelle von Clubkultur und Klimaschutz. Bereits während des Studiums erforschte sie die Potenziale der Berliner Clubszene. Heute kann sie dieses Wissen gut gebrauchen, denn als Leiterin des Projektes Clubtopia setzt sie sich direkt für den nachhaltigen Wandel der Clubszene ein. Aus gutem Grund: Nach Angaben des Bundes für Umwelt und Naturschutz Berlin (BUND Berlin) stößt bereits ein kleiner Club pro Jahr durchschnittlich rund 30 Tonnen CO2 aus. Doch wie merke ich eigentlich als Besucher:in, ob ein Club nachhaltig unterwegs ist? „Manche der Veranstalter:innen berichten über ihr Engagement auf ihrer Website“, erzählt Katharina Wolf. „Aber die meisten halten sich eher zurück.“ Viele hätten gerade mit ersten Maßnahmen begonnen und wollten sich wohl kein Greenwashing vorwerfen lassen. Wer also in einem der bundesweit 47 Clubs tanzen geht, die eine Selbstverpflichtung zur Nachhaltigkeit – den „Code of Conduct – Zukunft feiern“ – unterzeichnet haben, würde vermutlich nicht sofort einen Unterschied wahrnehmen. LED-Licht, Bewegungsmelder, wasserlose Urinale, die Abwesenheit von Strohhalmen und Shot-Becherchen aus Plastik seien aber sichere Hinweise, verrät die Expertin. Auch das Thema Abfall hat im „Code of Conduct“ von Clubtopia seinen festen Platz: 50 Prozent weniger Restmüll und ein Zero-Waste-Leitbild sind hier erklärte Ziele. Doch der Weg dorthin ist mitunter noch lang. „Erst wenige trennen Wertstoffe oder Biogut, fast alles landet in großen Gewerbetonnen“, erklärt Katharina Wolf. Sicher, die Arbeit im Thekenbereich sei stressig, aber Kronkorken oder Plastikabfall einfach getrennt zu sammeln sei ja nicht so schwer. „Viele überzeugt spätestens der Kostenfaktor: Wenn wir den Betreiber:innen verdeutlichen, wie viel Geld sie einsparen können, werden sie hellhörig.“

50% weniger Restmüll durch Abfalltrennungssysteme sowie ein Zero-Waste-Leitbild sind nur zwei von vielen Zielvereinbarungen des „Code of Conduct“ für eine nachhaltige Clubkultur.

Ihr Wissen geben Katharina Wolf und ihr Team auch in Work-shops weiter, hier informieren sie unter anderem zur Abfallver-meidung. Dazu gehören Einkaufsempfehlungen wie der Kauf von Konzentraten, Großgebinden oder verpackungsloser Ware. Mehrwegflaschen und -gläser verstehen sich fast von selbst, im besten Fall eben auch für die beliebten Shots. Übrigens: Gäste können ebenfalls mithelfen, indem sie zum Beispiel leere Flaschen wieder am Tresen abgeben, Taschenaschenbecher nutzen und sparsam mit Papierhandtüchern umgehen. Katharina Wolf selbst schafft es nach getaner Arbeit übrigens trotzdem, eine Clubnacht einfach nur zu genießen. Feiern, als gäbe es ein Morgen – so das Motto von Clubtopia.