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3 Fragen an … Verbraucherzentrale Berlin

  
Saskia Erdmann - Verbraucherzentrale Berlin
Saskia Erdmann, Verbraucherzentrale Berlin

Die Verbraucherzentrale Berlin bietet eine einzigartige Perspektive auf Zero Waste: Sie verbindet Verbraucherschutz mit Abfallvermeidung und kennt die rechtlichen Rahmenbedingungen, Greenwashing-Fallen und praktischen Hürden, denen Berliner:innen im Alltag begegnen. Ihr Fokus auf „Nachhaltiges Verpacken” bringt eine wichtige Verbraucherperspektive in die Debatte ein. Beim Zero Waste Future Festival der BSR hat das Team der Verbraucherzentrale darüber informiert, welche Verpackungsmaterialien tatsächlich recycelbar sind, wie man Greenwashing bei “nachhaltigen” Verpackungen erkennt und welche Alternativen im Alltag funktionieren – nach dem Prinzip: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Wir haben mit Saskia Erdmann, Projektverantwortliche bei der Verbraucherzentrale Berlin, über Marketingtricks, EU-Verordnungen und Abfallvermeidung im Alltag gesprochen.

Name: Saskia Erdmann
Wohnort: Leipzig
Alter: 33
Beruf: Projektmanagerin „Berlin is(s)t klimafreundlich“ der Verbraucherzentrale
Mein liebster Upcycling-Hack: Kleidung aus Verschenkekisten sammeln und daraus etwas Neues nähen
Mein größter, unverzichtbarer Luxus: Kaffee
Mein Lieblingsort in Berlin: vor einiger Zeit noch: die Rummelsburger Bucht 
Inspiration finde ich: im Austausch mit unterschiedlichsten Menschen
 
Welche Werbeslogans begegnen Ihnen am häufigsten, die nach Nachhaltigkeit klingen, aber in Wahrheit Greenwashing sind? Worauf sollten Verbraucher:innen achten?
 
Slogans wie „Klimaneutral“, „recyclebare Verpackung“ oder „von hier“/ „aus der Region“ begegnen uns besonders oft. Dabei ist es für Verbraucher:innen aktuell leider kaum möglich, zu erkennen, ob ein Unternehmen tatsächlich Auskunft über Engagement für mehr Nachhaltigkeit gibt oder ausnutzt, dass Werbeaussagen mit Nachhaltigkeitsbezug bisher wenig reguliert waren. Laut EU-Kommission sind ungefähr die Hälfte der Werbeaussagen zu Nachhaltigkeit irreführend oder vage. Auf EU-Ebene wurde daher eine schärfere Regulierung von umweltbezogenen Werbeaussagen vereinbart, die 2026 in Kraft tritt. Das ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung. Für Verbraucher*innen bleibt die einfachste Regel jedoch: je weniger Verpackung, desto besser.
 
Die EU-Verpackungsverordnung und das Verpackungsgesetz setzen neue Standards. Was ändert sich konkret für Berliner Verbraucher:innen? Und wo sehen Sie noch Lücken?
 
Für Berliner Verbraucher:innen bringt die neue EU-Verpackungsverordnung vor allem besseren Schutz vor überdimensionierten, irreführenden Verpackungen sowie klarere und einheitliche Hinweise zur korrekten Abfalltrennung. Handel und Gastronomie sollen ihr Mehrwegangebot ausbauen, sodass Kund:innen häufiger zwischen Einweg und Mehrweg wählen können. Ab 2030 sollen große Supermärkte verstärkt Flächen für Wiederbefüllungsstationen vorsehen, was verpackungsarmes Einkaufen erleichtern würde. Strengere Vorgaben zur Recyclingfähigkeit und feste Rezyklatanteile bei Kunststoffverpackungen führen dazu, dass Verpackungen zukünftig etwas umweltfreundlicher und leichter verwertbar werden. Leider betreffen viele Vorgaben vor allem Kunststoffe, wodurch der Umstieg auf Papierverpackungen gefördert werden könnte, die ökologisch kaum besser abschneiden. Die Mehrwegquoten bleiben zudem relativ niedrig und werden in Deutschland voraussichtlich nur begrenzt Wirkung entfalten. Hinzu kommt, dass die Vorgaben für Wiederbefüllungsstationen nicht rechtlich bindend sind, sodass offen bleibt, ob Supermärkte sie tatsächlich umfassend umsetzen. Deutschland hat aber die Möglichkeit, über die Mindestvorgaben der Verordnung hinauszugehen und ambitioniertere Regelungen zu schaffen.
 
Unverpackt-Läden sind für viele noch Nische. Was können Verbraucher:innen tun, die im normalen Supermarkt einkaufen? Wo sehen Sie die größten Hebel für Abfallvermeidung im Alltag?
 
Lose angebotene Lebensmittel wie Obst, Gemüse oder Brötchen können problemlos in eigenen Stoffbeuteln transportiert werden und eignen sich daher besonders gut, um Einwegverpackungen zu vermeiden. Grundsätzlich lohnt es sich, Mehrwegverpackungen zu bevorzugen, wie bei Getränken oder auch Joghurt. Wer Leitungswasser trinkt, spart zusätzlich eine Menge Verpackungsmaterial. Auch Großpackungen können Ressourcen schonen, vorausgesetzt, die Lebensmittel werden zu Hause vollständig verbraucht. Sinnvoll ist es zudem, Mahlzeiten und Einkäufe zu planen, um Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Beim Einkauf kann auch die Wahl des Materials eine Rolle spielen: Glas, Metall oder PET lassen sich deutlich besser recyceln als Verbundverpackungen wie zum Beispiel Getränkekartons.